Wie man ein guter Chef für seine Hunde wird

von Lisa Taanquist, Cardigan-Kennel "Avonaire"
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Das Wochenende vom 27./28. September 2003 bescherte mir die aufregendsten und lehrreichsten Tage meines Lebens. Alles drehte sich darum, wie man als Mensch die Rudelführerschaft für seine Hunde richtig übernimmt und behält. Unsere Lehrerin war Gitte Seabourne, hochqualifiziert und mitreißend. Sie ist eine hauptberufliche Schäferin und arbeitet mit ihren drei Border Collies.

Zunächst erzählte sie uns, daß die Gemeinschaft mit unseren Hunden auf Respekt beruht. Respekt kann man nicht einfordern, man muß ihn sich verdienen. Ein Hund wird Dich nur als Leiter anerkennen, wenn

Du Dich dessen würdig erwiesen hast.

Hunde verständigen sich über Signale. Manche sind so dezent, daß das menschliche Auge sie kaum wahrnimmt. Trotzdem sind sie da. Hunde sind Meister im Beobachten solcher Signale. Und Du mußt ebenfalls ein Meister darin werden, auch die schwachen Signale zu erkennen, zu verstehen und zu beantworten, wenn Du Deinen Hund führen können willst. Der Hund hat keine andere Möglichkeit, sich Dir mitzuteilen.

Zuerst mußt Du die verschiedenen Signale kennen lernen. Präge Dir ihre Bedeutung ein und lerne sie zu erkennen. Lerne Deinen Hund kennen, beobachte, ob er starke oder weniger auffällige Signale sendet. Und denke daran, das ist ein lebenslanger Prozess. Der Hund wird Deine Führungsrolle immer wieder testen, ein ums andere Mal. So wie die Menschen von Zeit zu Zeit Wahlen abhalten, bei denen neue Abgeordnete an die Spitze kommen und unfähige abgewählt werden können, so wird Dein Hund Deine Führungsqualitäten immer wieder austesten. Und wenn Du Dich als Niete erweist, wird der Hund die Führung übernehmen. Der Hund wird Dich nur solange anerkennen, wie Du Dich dessen als würdig erweist.

Hunde möchten Konflikte vermeiden. Sie versuchen nach Kräften, einen Kampf zu vermeiden. Die folgenden Signale sind sogenannte "Beschwichtigungssignale", die Spannungen lösen sollen: "Ich will keinen Ärger mit Dir haben".

Blick abwenden ("Laß uns Freunde sein, ich will Dir nichts tun")

Blinzeln

Schmatzgeräusche mit den Lippen

Lecken der Lippen ("züngeln")

Kopf wegdrehen

Gähnen (wirkt beruhigend und stressabbauend)

Aus dem Weg gehen - ausweichen

Langsame Bewegungen

Dazwischengehen - das ist ein sehr starkes Signal, nur Hochrangige Hunde mit großer Autorität gehen zwischen Streitende

Spielaufforderung (Vorderläufe flach am Boden, Hinterteil hochgereckt wie bei einer Dehnübung)

Erstarren

Die Seite oder den Rücken zuwenden

Hinsetzen oder -legen

Ohren senken

Rute senken

Wenn Du wissen möchtest, wer bei Dir zu Hause der Chef ist, schau Dir genau an, was Dein Hund macht. Wer begrüßt die Gäste als Erster, Du oder Dein Hund? Wer geht zuerst durch die Türe, wenn es zum Spaziergang geht, Du oder Dein Hund? Wer springt als Erster ins Auto, kaum daß die Tür offen ist? Und wer stürzt heraus wie der Blitz? Schläft Dein Hund bei Dir im Bett, und wenn ja, wer liegt als Erster drin? Wenn Du gemütlich auf dem Sofa sitzt und Dein Hund kommt und stupst Dich, streichelst Du ihn dann sofort? Und sitzt der Hund schon vor Dir auf dem Sofa?

Wenn Du eine oder mehrere Fragen mit "JA" beantworten mußt, dann kannst Du sicher sein, daß Dein Hund der Meinung ist, er habe alles gut im Griff. Dann sieht Dein Hund keinen fähigen Rudelchef in Dir. Jeder Hund, ob groß oder klein, weiß instinktiv, daß das Rudel (= Deine Familie) einen kompetenten Führer braucht, um zu überleben. Und wenn kein anderer den Job macht, dann wird er ihn wohl oder übel übernehmen, so gut er kann. Aber eigentlich möchte er diese Verantwortung gar nicht haben. Das Leben für einen Familienhund ist heutzutage so kompliziert und verwirrend, daß der Hund unmöglich alle Probleme lösen kann. Er will den Chefposten nicht, aber irgendwer muß die Führung übernehmen, es ist eine Frage des Überlebens.

Also fang nun damit an, Deinem Hund zu signalisieren, daß Du der Chef bist und alles im Griff hast. Sende Alpha-Signale. Sorge dafür, daß Dein Hund sich immer hinter Dir hält. Wenn Du zu einem Spaziergang aufbrichst, wenn Du von einem Zimmer ins andere gehst, wenn Du ins Auto ein- oder aussteigst.

Fang vor dem Spaziergang damit an. Wenn der Hund völlig aufgekratzt um Dich herumhopst, wenn Du ihm Halsband und Leine anziehen möchtest, laß ihn links liegen, drehe Dich fort von ihm, schau in eine andere Richtung. Wenn er sich beruhigt, versuch es nochmal, ihm in Ruhe das Halsband anzuziehen. Wenn er erneut herumhampelt, ignoriere ihn wieder komplett. Neuer Versuch. Wenn er dabei herumquirlt, leg die Leine zurück an ihren Platz und wende Dich vom Hund ab. Erst, wenn der Hund sich beruhigt hat und sich ohne Gezappel und Theater "anziehen" läßt, geht es weiter. Ignoriere jegliches Getue, schrei den Hund nicht an, geh stattdessen weg vom Hund.

Nun hast Du also den Hund angeleint und gehst zur Tür. Mach Dich groß und breit und laß nicht zu, daß der Hund sich vorbeidrängeln kann. Verstelle ihm den Weg mit dem Bein, geh zuerst durch die Tür. Wenn Dein Hund vorprellen will, schneide ihm den Weg ab und mache Dich breit.

Nun geht es also endlich los. Wo ist Dein Hund? Wenn er keuchend am Ende der Leine hängt, bleib stehen. Dreh um und geh zurück, bis der Hund zu Dir kommt und sich hinter Dir befindet. Nun wieder vorwärts. Sobald die Nase Deines Hundes an Deinem Knie vorbeimöchte, bleib stehen und versperre ihm den Weg, geh eventuell wieder ein paar Schritte zurück, um ihn hinter Dich zu bringen. Beim ersten Mal wirst Du vermutlich nicht weit kommen, vielleicht schaffst Du nur ein paar Meter. Aber Dein Hund wird schnell kapieren, daß er nicht vom Fleck kommt, bis er sich von Dir führen läßt und sich hinter Dir hält.

Dabei ist das Timing wichtig. Warte nicht, bis der Hund das Ende der Leine erreicht hat, bevor Du stehenbleibst und umdrehst. Sonst lernt er nur, zurückzukommen, wenn er erst mal ganz vorne war. Er muß schon im Ansatz gestoppt werden, genau dann, wenn seine Nase an Deinem Knie vorbeiwill. Sei dabei absolut hartnäckig. Wenn er zum 50sten Mal nach vorne prellt, bremse ihn zum 50sten Mal aus. Hartnäckigkeit und das Eingreifen im richtigen Moment sind das A und O dabei. Reiß keinesfalls an der Leine. Wenn Du das tust, kannst Du von vorne anfangen. Stell Dir vor, die Leine wäre ein Gummiband...

"Herkömmliche" Unterordnung basiert darauf, dem Hund Dinge beizubringen, die er von sich aus so nicht tun würde, wie zum Beispiel Bei-Fuß-Gehen, Hinsetzen und Abliegen auf Kommando. Es braucht seine Zeit, bis der Hund versteht, was Du von ihm willst, aber es ist machbar. "Leadership" ist eine Methode, den Hund zum angenehmen Gefährten zu machen, und zwar mit Hilfe von Signalen, die der Hund verstehen kann.

Wenn man das umfangreiche Repertoire hundlicher Verständigung verstehen will, muß man sich anschauen, wie die Mitglieder eines Wolfsrudels kommunizieren. Damit das Rudel überleben kann, muß die Jagdgesellschaft funktionieren, sie muß einem Anführer folgen. Der Anführer gibt das Zeichen zum Aufbruch zu jeglicher Aktivität. Natürlich sind unsere Hunde keine Wölfe mehr, aber sie haben noch genau die gleichen Instinkte und Sinneswahrnehmungen wie ihre Urväter. Jeder Hund wünscht sich einen vertrauenswürdigen Anführer. Und wenn sich kein anderer findet, übernimmt er selbst das Ruder.

Sende Alpha-Signale aus, auch zu Hause, immerzu, überall. Dein Hund wird Dich sofort verstehen! Er wurde mit dem Verständnis geboren.

Wie kannst Du Alpha-Signale aussenden?

Übernimm die volle Verantwortung

Beschaffe das Futter - und iß zuerst!

Sorge dafür, daß Dein Hund immer hinter Dir bleibt, er ist immer der letzte, der irgendwo hinein- oder hinausgeht

Ignoriere unerwünschtes Verhalten

Ergreife die Initiative

Nimm den Lieblingsplatz Deines Hundes für Dich in Anspruch

Schau ihm direkt in die Augen

Kaum zurück vom Seminar, fing ich an, Alpha-Signale zu benutzen, wie Gitte es uns beigebracht hatte. Und es dauerte keine fünf Minuten, bis ich die Veränderung an meinen beiden Cardigan-Mädels sehen konnte! "Wer bist Du, und wo hast Du unsere liebe Mama gelassen??? Aber Du scheinst zu wissen, wo´s langgeht, also werden wir Dir folgen!"

Futter hat eine überragende Bedeutung. Wer Futter beschaffen kann, ist der Chef. Und der Chef darf zuerst ans Futter. Zeig Deinem Hund, daß Du das Futter herbeischaffst und daß Du Dir Deinen Anteil davon nimmst und ihm erst danach die Erlaubnis gibst, selber zu fressen. Wenn Du Deinen Hund füttern willst, dann nimm verdeckt einen Keks oder etwas Ähnliches in die Hand, nimm den Napf und zeig dem Hund, daß Du etwas aus seiner Schüssel nimmst (nämlich den Keks). Dann erst gib ihm den Napf. Der Hund wird sein Futter nun als Überreste der Chef-Mahlzeit ansehen. Und denk daran: laß eventuelle Futterreste nicht stehen, räum den Napf nach ein paar Minuten fort. Der Hund darf nicht jederzeit freien Zugang zum Futter haben.

Der Anführer übernimmt grundsätzlich die Initiative. Wenn Dein Hund zu etwas auffordert, ignoriere ihn. Laß den Hund keine Entscheidungen treffen. Ein Beispiel, das wohl jeder von uns kennt, ist das Anstupsen. Ich saß oft auf dem Sofa, und Mini stupste meinen Arm an. Sie bohrte ihre Schnauze unter meinen Ellbogen und knuffte mich mit dem Kopf, damit ich sie streicheln sollte. Und was tat ich??? Ja, genau, jedes Mal begann ich sie zu streicheln! Was der Hund damit sagte, war: "Ich bin der Chef, also streichel mich gefälligst jetzt und sofort! Ich will das jetzt!" Denk daran, der Hund stellt Dich immer wieder auf die Probe!

Gestern probierte sie es wieder. Sie stupste mich an, um gekrault zu werden. Ich drehte mich von ihr fort. Sie knuffte mich erneut. Nun wandte ich ihr den Rücken zu. Sie gab auf und legte den Kopf auf die Pfoten. Und jetzt  wandte ich mich ihr zu und streichelte sie. Sie hatte verstanden. Die Initiative ging von mir aus, nicht von ihr. Ich streichele sie, wenn ich es will, nicht wenn sie es einfordert.

Wenn Dein Hund Beschwichtigungssignale sendet, respektiere sie. Der Hund braucht eine gewisse

Individualdistanz. Wenn Dein Hund den Kopf wegdreht, möchte er Dir mitteilen, daß er sich bedrängt fühlt und keinen Ärger mit Dir möchte. Respektiere das und wende Dich ab. Laß dem Hund seinen Abstand. Geh nicht auf einen Hund zu, um Kontakt aufzunehmen, sondern ergreife die Initiative und rufe den Hund zu Dir, zeig ihm, daß er bei Dir willkommen ist und sprich dann mit ihm.

Ignoriere es, wenn ein Hund übereifrig versucht, Deine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Wenn der Hund Dich anspringt, dreh ihm den Rücken zu.

Wenn der Hund daraufhin Ruhe gibt, dreh Dich um und lade ihn quasi ein, zu Dir zu kommen, indem Du Beschwichtigungssignale zeigst: blinzle, leck Dir die Lippen, schmatze mit den Lippen, dreh ein bißchen den Kopf zur Seite. Das zeigt dem Hund, daß er nun kommen darf. Die Initiative ist von Dir ausgegangen, nicht von ihm. Wenn ein Rudel von der Jagd heimkehrt, wird der Anführer in die Meute schreiten, ohne links und rechts zu gucken. Er ignoriert sie alle. Er trägt den Kopf und die Rute selbstbewußt erhoben, und die Rudelmitglieder nähern sich ihm nur mit seiner ausdrücklichen Genehmigung. Es ist sein Recht. Kein Rudelmitglied zweifelt je daran, wer das Sagen hat und wer bestimmt, was getan wird.

Beachte Deinen Hund nicht, wenn Du nach Hause kommst. Alpha-Tiere ignorieren ihre Untergebenen. Laß Dir ein paar Minuten Zeit, bevor Du Deinen Hund dazu einlädst, Kontakt mit Dir aufzunehmen. Halte es genauso, wenn Du von einem Raum im Haus in einen anderen gehst. Der Hund sollte nur mit Deiner ausdrücklichen Einladung Kontakt mit Dir aufnehmen.

Es ist durchaus in Ordnung, wenn der Hund bei Dir im Bett schläft, sofern Du ihn dazu eingeladen hast. Laß nicht zu, daß der Hund ungefragt vor Dir ins Bett hüpft. Ein Rudel schläft durchaus aneinandergedrängt, aber der Chef entscheidet, wer sich an ihn ankuscheln darf.

Liegt Dir Dein Hund beharrlich im Weg? Mußt Du regelmäßig über ihn steigen oder um ihn herumgehen? Was meinst Du, sagt er Dir damit? "Ich bin der Chef hier, und Du mußt schön um mich herumgehen, wenn Du vorbei willst!" Meine Mini ist eine Meisterin im Im-Weg-liegen. Ich meine, sie war es. Jetzt tut sie´s nicht mehr. Wenn ich des Weges komme und sie liegt schön quer im Flur, dann blicke ich ihr direkt in die Augen, plustere mich ein bißchen auf - und das genügt, damit sie sofort aus dem Weg geht. In hartnäckigeren Fällen mußt Du vielleicht den Hund mit den Zehen ein wenig anbohren und ihn wegschubsen. Es ist Dein gutes Recht als Chef, grundsätzlich überall ungehindert hin zu gehen.

So wie es Berschwichtigungssignale gibt, gibt es auch Drohgesten:

Breitbeinig oder gebückt über dem Hund stehen

dem Hund die Breitseite zuwenden

sich vor dem Hund aufbauen

Anstarren - Blickkontakt erzwingen

Zähnefletschen

Knurren, Grollen (das ist eine Warnung)

Schnelle Bewegungen

Aufgerichtete Ohren

Hochgetragene Rute

Gesträubtes Nackenfell

"Kurze" Mundwinkel (im Gegensatz zu den langen Mundwinkeln beim unterwürfigen "Grinsen")

Wenn ein Hund derartige Signale übertrieben und mehrere gleichzeitig zeigt, dann ist er verunsichert. Bellen, auf- und abspringen, eine Bürste auf dem Rücken und dazu noch gefletschte Zähne - da wächst dem Hund eine Situation über den Kopf und er ruft (mit Gebell) nach Verstärkung durch sein Rudel. Der Wachhund, der wie ein Bekloppter bellt und geifert und tobt, ist nicht so gefährlich wie der Wachhund, der ganz ruhig dasteht. Nimm Dich vor solchen Hunden in Acht!

Überlege einmal, wieviele dieser Drohsignale bei Hunden eine gegenteilige Bedeutung beim Menschen haben. Wie begrüßen sich zwei Menschen? Sie stehen sich von Angesicht zu Angesicht gegenüber, fletschen die Zähne (lächeln), blicken sich direkt in die Augen und rücken sich dicht auf die Pelle (Umarmung, Schulterklopfen). Alle diese Zeichen signalisieren dem Hund massive Bedrohung.

Wir können viele dieser Drohgesten benutzen, um unserem Hund klarzumachen, wenn uns sein Verhalten nicht paßt.

Gitte schritt auch zu praktischen Übungen im Gelände bei der Begegnung fremder Hunde. Einige von ihnen fingen an zu knurren, sobald ein fremder Hund auftauchte. Prompt stellte sich der Hundeführer seitlich zwischen die Hunde und unterbrach deren Sichtkontakt. Der fremde Hund umkreiste nun in größerem Abstand (Raum lassen = Konflikt entspannen) den Probanden. Der Hundeführer hielt sich weiterhin zwischen den Hunden, um die direkte Sicht zu unterbinden.

Ich hatte dabei ein Problem mit meiner Dodo, sie knurrte eine vorbeigehende Hündin an. Sofort stellte ich mich dazwischen und versperrte ihr die Sicht. Das reichte nicht, Dodo knurrte weiter. Nun drehte ich ihr meine Front zu. Immer noch Grummeln. Nun beugte ich mich über sie und knurrte selber leise. Auf der Stelle verstummte sie, das hatte genügt. Sie drehte den Kopf weg und züngelte. Damit zeigte sie, daß sie meine Botschaft verstanden hatte und gab Ruhe. Nun wandte auch ich mich sofort von ihr weg und zog mich zurück. Die andere Hündin konnte vorbeigehen, ohne daß Dodo sie weiter beachtet hätte.

Die Signale können in ihrer Stärke gesteigert werden. Wenn ein sanfter Hinweis nicht fruchtet, greife zu einem massiveren Drohen (dasselbe gilt natürlich umgekehrt bei den Beschwichtigungsgesten).

Denke immer daran, Hunde leben in der Gegenwart. Sie haben kein Zeitgefühl. Eine Belohnung muß sofort kommen und nicht nach zwei Sekunden. Grolle Deinem Hund auch nicht, so etwas kann er nicht verstehen. Fang von vorne an, wenn er etwas falsch macht. Lerne seine Sprache, er kann Deine nicht lernen.

Gib Dich nicht zufrieden mit einem "meistens" gehorsamen Hund. Wenn Du etwas von Deinem Hund verlangst, dann bestehe auch darauf, daß er es tut, und zwar nicht nur halb. Sonst lernt er nur, daß es ziemlich unerheblich ist, wenn Du etwas von ihm möchtest. Auf der anderen Seite darfst Du auch nichts Unmögliches von Deinem Hund verlangen. Fordere ihm nicht mehr ab, als er zu leisten vermag. Stell ihn nicht vor Probleme, die er nicht lösen kann.

Wenn Dein Hund seine Sache gut gemacht hat, überlege Dir genau, womit Du ihn belohnst. Wenn Du dich bückst und ihm gönnerhaft die Rippen klopfst, dann beugst Du Dich damit über ihn und bedrohst ihn. Und warum "bestrafst" Du ihn für seinen guten Gehorsam? Besser kniest Du Dich hin und streichelst sanft die Dir zugewandte Seite Deines Hundes. Dreh dabei den Kopf etwas weg und sag ihm, daß er ein braver Hund ist.

Was passiert, wenn Gäste kommen? Bellt Dein Hund wie aufgezogen? Und was tust Du? Brüllst Du ihn an und sagst ihm, er solle endlich die Schnauze halten?

Was passiert wirklich in dieser Situation? Der Hund gibt Alarm, eine Bedrohung nähert sich dem Haus, das meldet er mit Bellen. Das ist in Ordnung. Schließlich ist es sein Job, die Meute (Deine Familie) zu beschützen indem er den Leitwolf darauf hinweist da kommt jemand. Wenn Du nun laut um Ruhe schreist, was versteht er dann??? "Bell lauter, da kommt wirklich etwas Bedrohliches auf unser Heim zu!" Also bellt er noch verrückter. Du brüllst nun aus vollem Halse, der blöde Hund solle endlich das Maul halten - und der Hund versteht "Bell noch lauter, Du hast ganz recht, der Untergang des Abendlandes steht bevor!"

Dein Ärger und Deine Erregung zeigen dem Hund, daß die Bedrohung wirklich existenziell sein muß. Der Hund fühlt, daß Du die Situation nicht länger unter Kontrolle hast und tritt nun selber in Aktion. Er ist nun der Anführer und trägt die Verantwortung. Also gebärdet er sich nun wie ein Verrückter, um sein Rudel zu beschützen und den Eindringling zu vertreiben.

Was sollte man also in so einer Situation tun? Es ist völlig in Ordnung, wenn der Hund meldet, daß jemand kommt. Er muß ja schließlich dem Chef bei der Bewachung des Territoriums helfen. Aber wenn er kurz angeschlagen hat, dann entlasse ihn aus der weiteren Verantwortung. Nun bist Du an der Reihe. Stell Dich neben ihn und zeig ihm, daß DU nun die Führung übernimmst. Wenn ihn das nicht beruhigt, dann gehe frontal auf ihn zu, schau ihm tief in die Augen. Du bist der Chef und wirst völlig allein mit der "Bedrohung" fertig, ihn geht es nichts mehr an. Er kann sich abregen. Dein Hund sollte die Gäste nicht empfangen, das übernimmst Du und Du führst die Gäste dann zu Deinem Hund. Es ist nicht Sache Deines Hundes, zu entscheiden, wer das Haus betreten darf und wer nicht.

"Hund allein zu Hause" ist manchmal ein Problem. Alles in Reichweite wird zerstört. Bisweilen kamen schon Leute in ein Zuhause, wo die gesamte Einrichtung geschreddert war. Manche bestrafen den Hund, was völlig sinnlos ist. Du kannst einen Hund nicht für etwas bestrafen, was er vor einiger Zeit angestellt hat, das kann er nicht verstehen.

Manche denken, der Hund habe sich gelangweilt. Das ist nicht der Grund. Was geht wirklich in dem Hund vor? Warum ist der Hund so frustriert? Wenn man die Familie befragt, zeigt sie meistens eine erschreckende Unkenntnis hundlicher Verständigung und hat keine Ahnung von Beschwichtigungs- und Drohgesten. In diesen Familien gibt es keinen fähigen Anführer, und deshalb mußte der Hund sich selbst zum Chef ernennen, wie es ein normaler Hund eben tut.

Was denkt sich nun so ein Hund? Die Familie scheint ein planloser Haufen zu sein, und der Hund muß nun die Verantwortung für dieses schlecht organisierte Rudel übernehmen. Er muß Futter herbeischaffen und für die sicherheit sorgen. Und was passiert am Morgen, wenn die Rudelmitglieder zur Arbeit und in die Schule fortgehen? Der Hund bleibt zurück! Wie in aller Welt soll er da seinen Pflichten nachkommen und für Ordnung und Sicherheit sorgen? Er ist völlig frustriert und versucht mit allen Mitteln, zu seinem Rudel zu gelangen. Also reißt er alles in Reichweite kurz und klein.

Den Hund dafür auszuschimpfen und zu bestrafen ist völlig sinnlos. Statt dessen zeige ihm durch Sendung von Alpha-Signalen, daß sein Platz in der Familie der eines untergeordneten Mitglieds ist, und entlasse ihn damit aus der Verantwortung, so daß er sich beruhigt zurückziehen kann. Im wildlebenden Rudel warten schließlich die Welpen ganz ruhig und zufrieden auf die Rückkehr der Jäger, das ist das normale Verhalten.

Klaut der Hund Eßbares vom Tisch, dann glaubt er sich im Recht. Gib ihm dafür keine Gelegenheit. Wer Futter herbeischaffen kann, ist der Chef. Lass deshalb auch nie die mit Resten gefüllte Futterschüssel auf dem Boden herumstehen. Räume die Überreste weg, wenn der Hund gefressen hat, IMMER.

Hier sind ein paar Regeln für ein gedeihliches Zusammenleben, wenn Du Deinem Hund ein guter Anführer sein willst:

1. Lerne Deinen Hund kennen, lerne seine Körpersprache und denk wie ein Hund.

2. Lerne die Anwendung der in diesem Bericht aufgeführten Signale. Dein Hund wird sie verstehen.

3. Lerne die Stärken und schwächen Deines Hundes kennen.

4. Verlange nicht mehr von ihm, als er geben kann. Wenn Dein Hund Dir vertraut, wird er sein Bestes geben für Dein und sein Wohl.

5. Hunde brauchen Zeit, um sich zu entwickeln, erwachsen zu werden und Selbstvertrauen aufzubauen.

6. Laß Deinen Hund nie in eine Situation geraten, mit der er nicht fertig werden kann.

7. Laß ihm Zeit, sich an neue und ungewohnte Dinge und Situationen zu gewöhnen.

8. Bedenke die Ansprüche Deines Hundes in Bezug auf Beschäftigung und Förderung. Informiere Dich über die Bedürfnisse der Rasse.

9. Sei nicht nachtragend, das kann ein Hund nicht verstehen.

10. Hunde leben im Hier und Jetzt. Lobe ihn unmittelbar, wenn er etwas gut macht und tadele sofort, wenn er etwas Unerwünschtes tut. Nicht erst zwei Sekunden später.

11. Sei konsequent. IMMER!

Jetzt muß ich aber Schluß machen, Mini stupst mich an und möchte gestreichelt werden, ich sollte das besser tun!!!

 

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